Kreislauf für Elektrogeräte – "circling is caring"

Vom großen LCD Fernseher fürs Heimkino über die Blink-Schuhe der Kids bis hin zum Chip im Zahnbürstenkopf: aus unserem täglichen Gebrauch ist Elektronik nicht mehr wegzudenken. Doch leider landen viele Elektroklein- oder Großgeräte zu schnell im Müll. Entweder sind sie defekt und eine Reparatur lohnt sich aufgrund von günstigen Nachfolgeprodukten nicht oder sie sind schlicht und ergreifend überholt. 5,70 Kilogramm Elektroschrott wurden zuletzt pro Bonner Bürger*innen über die Sammelinfrastruktur von bonnorange gesammelt und verwertet. Leider landen laut der Restabfallsortieranalyse, die bonnorange 2020 durchgeführt hat, zudem 900 Gramm Elektrokleingeräte pro Bonner*in in der Gauen Tonne. Sie sind dadurch für jegliches Recycling verloren. Doch was passiert eigentlich mit dem in Bonn gesammelten Elektroschrott?

Der Weg der Elektrogeräte

In Deutschland regelt das Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten, dass Elektroaltgeräte nicht über den Hausmüll entsorgt, sondern getrennt gesammelt und recycelt werden müssen. In Bonn geht das ganz einfach, indem die bonnorange AöR ohne zusätzliche Gebühr telefonisch, per E-Mail oder über ein Online-Formular mit der Abholung der Elektrogroßgeräte beauftragt werden kann oder die Elektrogeräte ebenfalls kostenlos an den Wertstoffhöfen abgegeben werden können. Elektrokleingeräte können zudem kostenlos über die im Stadtgebiet öffentlich zugänglichen Roten Tonnen entsorgt werden.

Darüber hinaus ist der Handel mittlerweile dazu verpflichtet, Elektroaltgeräte anzunehmen. Das regelt das novellierte Elektrogesetz, das zum 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist. Paragraph 17 des Elektrogesetzes stellt dabei klar, dass die Rücknahmepflichten auch im Fernabsatz gelten, also auch den Online-Handel betreffen, wenn alle Verkaufs-, Lager- und Versandflächen für Elektro- und Elektronikgeräte in Summe eine Größe von 400 Quadratmeter ergeben.

Dabei wird die Pflicht zur unentgeltlichen Abholung im Fernabsatz auf die Abholung von Geräten der Gruppen 1, 2 und 4 beschränkt. Aber auch Lebensmittelmärkte mit einer Verkaufsfläche von mindestens 800 Quadratmetern müssen seit diesem Jahr Altgeräte kostenfrei von Verbraucher*innen zurücknehmen, wenn sie mehrmals im Kalenderjahr Elektro- und Elektronikgeräte im Angebot haben.

Die Elektroaltgeräte, die von bonnorange durch die Abholung bei Privathaushalten oder die Annahme am Wertstoffhof gesammelt werden, finden zur weiteren Verwertung den Weg zu externen Fachfirmen.

Können wir eine Kreislaufwirtschaft für Elektroschrott etablieren?

Im Jahr 2019 sind weltweit 53,6 Millionen Tonnen Elektroschrott ("Global E-waste Monitor 2020") angefallen. Das entspricht durchschnittlich 7,3 Kilogramm pro Person und damit ist die Menge seit 2014 um 9,2 Millionen Tonnen gestiegen. In der Studie wird sogar ein Wachstum auf 74,7 Millionen Tonnen bis 2030 prognostiziert. Was können wir also tun, um dieser düsteren Prognose entgegenzuwirken? Der erste Schritt sollte sein, das eigene Konsumverhalten auf den Prüfstand zu stellen. Kann ich den Laptop doch noch reparieren? Sollte ich für die einmalige Nutzung wirklich eine eigene Bohrmaschine kaufen?

Für eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft müsste auch die Nachnutzung als Teil der Wertschöpfungskette Berücksichtigung finden. Dazu gehört zum Beispiel ein "Recht auf Reparatur", das uns dabei helfen könnte, durch die Vorbereitung zur Wiederverwendung wertvolle Ressourcen einzusparen. Im Bundesstaat New York wurde bereits das erste "Right to Repair" verabschiedet. Dieses verpflichtet Hersteller dazu, Werkzeuge, Teile und Reparaturanleitungen sowohl für Verbraucher*innen als auch für den Handel bereitzustellen. Auch große Anbieter wie der Konzern Apple bieten mittlerweile für den amerikanischen Markt mehr Möglichkeiten an, Produkte selbst zu reparieren. So können Elektrogeräte länger im Kreislauf gehalten werden. In Bonn gibt es für einen nachhaltigen Umgang mit Produkten einige Anlaufstellen, die wir auf unserer Webseite und in unserer Broschüre "Gesucht und gefunden" auflisten. Dazu gehören unter anderem Einrichtungen wie die Bonner Repair-Cafés und offenen Werkstätten. Sie sind wichtige Treffpunkte, bei denen unter dem Motto "Reparieren statt Wegwerfen" in netter Atmosphäre Dinge repariert werden können oder Hilfe zur Selbsthilfe angeboten wird.

Ein weiterer Ansatz für ressourcenschonendes Konsumieren kann eine sogenannte "Sharing Economy" sein, also die Wirtschaft des Teilens. Nachhaltiges Handeln und Ressourcenschutz sind Grundgedanken und Vorzüge des gemeinschaftlichen Konsums, auf den wir uns vor allem in Zeiten von Ressourcenknappheit zurückbesinnen sollten. Was wir schon von Bibliotheken oder der Autovermietung kennen, findet auch bei Haushaltsgegenständen oder eben Elektrogeräten Anwendung. Die Digitalisierung erleichtert die Vernetzung und es entstehen zum Beispiel Peer-to-Peer Einrichtungen (Tausch und Verleih unter Privatpersonen) wie die Leihbar Bonn. Als selbstbezeichnete Bibliothek der Dinge kann hier unter dem Leitbild "Leihen statt kaufen" alles vom Werkzeug über die Camping-Ausrüstung bis hin zum Küchengerät kostenlos ausgeliehen werden, statt diese Dinge selbst zu kaufen. Neben dem finanziellen Aspekt der dauerhaften Nutzbarmachung von Produkten sind Umweltschutz und ein geringer Ressourcenverbrauch wichtige Gründe, das Potenzial der "Sharing Economy" auszunutzen.

Recycling und Verwertung erst zum Schluss

Ressourcenknappheit ist ein zentraler Faktor, der nicht in den Hintergrund geraten darf. Sie führt dazu, dass die eingesetzten Elemente möglichst komplett recycelt werden müssen. Wenn eine Vorbereitung zur Wiederverwendung der Geräte nicht möglich ist, folgt deshalb gemäß der Abfallhierarchie das Recycling. Dafür werden Schadstoffe (zum Beispiel Asbest oder Kondensatoren) sowie Störstoffe (Leuchtstoffröhren, Glas oder Toner) aus den Elektrogeräten entfernt. Danach geht es, nach Produktgruppen sortiert, zum weiteren Verwertung der Materialien. Dabei muss vorsichtig vorgegangen werden: bei Smartphones zum Beispiel müssen die Akkus vorher entfernt wurde, sonst besteht Brandgefahr. Bei vielen Smartphones müssen dafür Profis händisch ans Werk, denn die Akkus sind im Gerät komplex verbaut.

Um die Metalle zu trennen und zu gewinnen, werden die Produkte geschreddert sowie Schwimmsenkverfahren oder Fototechnik genutzt. Anschließend wird die Ware für den nächsten Aufarbeitungsprozess vorbereitet. Teile, die nicht recycelbar sind, können der Verwertung zugeführt werden. Im Wesentlichen sind es Metalle (Eisen, Stahl, Kupfer, Aluminium und Edelmetalle), die zurückgewonnen werden können. Bei Seltenen Erden, die beispielsweise in Smartphones vorkommen, ist die Rückgewinnung aufgrund des Aufwandes bisher leider nur sehr eingeschränkt möglich. Häufig bedeutet es zudem einen Balanceakt zwischen Recycling und Wirtschaftlichkeit: so ist IT-Schrott meist höherwertiges Material, während Kinderspielzeug oder verschiedene Haushaltsgeräte minderwertiger sind, denn sie enthalten häufig einen hohen Kunststoffanteil. Die Wirtschaftlichkeit hängt auch stark von den aktuellen Rohstoffpreisen ab. Je höher sie liegen, desto lohnender ist die Rückgewinnung. Trotzdem sollte das Augenmerk nicht alleine auf der häufig kurzfristigen, wirtschaftlichen Planung liegen, denn Nachhaltigkeit bedeutet, ökonomische, soziale und ökologische Aspekte auszubalancieren. Selbstverständlich sind diese Aspekte schon bei der Gestaltung neuer Produkte zu berücksichtigen. Im Sinne der Ressourcenschonung darf auch das Thema "Urban Mining" nicht außer Acht gelassen werden, welches große Potenziale an wertvollen und recycelbaren Materialien mitten in unseren Städten offenbart und als Aspekt mehr in den Recyclingkreislauf integriert werden muss.

Nicht nur Privatpersonen, auch Politik und Unternehmen müssen zum Umdenken bewegt werden, um eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren. Einen wichtigen Schritt dazu hat das EU-Parlament mit der jüngsten Einigung auf einheitliche Ladestecker gemacht: In der EU verkaufte Mobiltelefone, Tablets und Kameras müssen spätestens Ende 2024 über einen USB-C-Anschluss verfügen. Das soll dafür sorgen, dass eine Vielzahl von elektronischen Kleingeräten mit demselben Kabel geladen werden können. So sollen einerseits Verbraucher*innen entlastet werden, die sich das häufig auftretende Kabelsammelsurium zu Hause sparen und keine unterschiedlichen Ladekabel mehr kaufen müssen. Zum anderen wird die Umwelt weniger belastet: laut EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager könnten so jährlich mehr als 1000 Tonnen Elektroschrott eingespart werden.

Bis alle älteren Geräte abverkauft und schließlich nicht mehr in Nutzung sind, wird es aber sicher noch ein paar Jahre dauern. Bis dahin bleiben das "Right to repair", "Sharing Economy" und "Urban Mining" wichtige Hilfsmittel auf dem Weg zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft, die wir nutzen sollten.