Ein bisschen Disney World in Tannenbusch

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Aus der Geschichte

Was hatte Tannenbusch ab Januar 1976 mit der Walt Disney World in Orlando und dem Olympiadorf München gemein? Eine damals hochmoderne Müllabsauganlage. Sie war mit ihrem Saugrohr-Netz von etwa zwölf Kilometern Länge und 200 Einwurfschächten die größte Müllabsauganlage der Welt. Im März 2007 fasste der Rat der Bundesstadt Bonn den Beschluss, den Betrieb der Anlage bis Ende 2009 einzustellen und die bisher an die Absauganlage angeschlossenen Grundstücke mit konventionellen Abfallbehältern auszustatten.

Im Walt Disney World Resort gehört die Müllabsauganlage zum sogenannten „Utilidor System“ als einem der größten Versorgungstunnelsysteme der Welt. „Utilidors“ steht für „utility corridors“ (zu Deutsch: Versorgungsgänge). Über sie halten die Angestellten unbemerkt von den Gästen den Betrieb am Laufen, wechseln in ihrer Verkleidung ungestört ihre Standorte und hier verlaufen die Röhren, in denen der Müll transportiert wird, seitdem der Park am 1. Oktober 1971 eröffnet wurde. Auch beim Bau des Olympiadorfes München wurde eine Müllabsauganlage mit einem Netz von drei Kilometern Länge als erste Anlage in Deutschland installiert und 1972 in Betrieb genommen.

1976 folgte die Müllabsauganlage in Bonn-Tannenbusch. Die Bewohner*innen der an die Anlage angeschlossenen Grundstücke warfen ihren Hausmüll in die Einwurfschächte. Von dort wurde der Abfall mit 50 bis 80 Kilometern pro Stunde in die Zentrale in der Hohe Straße transportiert, wo sich heute das Tonnenlager der bonnorange AöR befindet. Dort wurde er gepresst und in Containern abtransportiert. In der Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Stadtreinigungsamtes sind „Kinderkrankheiten“ überliefert, weil „man in den Rohren Mopedtanks und Fahrradteile als Sperrmüll fand“, die die Anlage verstopften.

Über die Jahre beschädigten fälschlich eingeworfene schwere Gegenstände die unterirdischen Rohrleitungen und rissen Löcher in ihre Wände, wodurch die Kosten für die Instandhaltung stiegen. Mit der Verpackungsverordnung, die 1991 in Kraft trat und die Getrennthaltung von Abfällen vorgab, eignete sich die Anlage nur noch zur Erfassung des Restabfalls.

Richard Münz, Vorstand der bonnorange AöR und Zeitzeuge als Mitarbeiter in der Bonner Abfallwirtschaft seit Juni 1990, erinnert sich: „Erschwerend kam noch hinzu, dass es nicht mehr zulässig war, die Reparaturarbeiten mit Schleifen und Schweißen von innen durchzuführen, wodurch Tiefbauarbeiten nötig wurden, die deutlich höhere Kosten nach sich zogen.“ Aufgrund des stark steigenden Unterhaltungs- und Sanierungsaufwandes veranlasste der Rat der Bundesstadt Bonn am 29. März 2007, den Betrieb der Tannenbuscher Müllabsauganlage bis Ende 2009 einzustellen und die bisher an die Absauganlage angeschlossenen Grundstücke mit konventionellen Abfallbehältern auszustatten. „Durch gezielte Beratung und das vorübergehende Aufstellen von Tonnen auf öffentlichem Boden, wo noch keine Stellplätze für Container zur Verfügung standen, ist uns die Umstellung ohne Probleme gelungen. Es war die richtige Entscheidung, diesen Sonderweg der Abfallentsorgung zu beenden“, zieht Münz rückblickend Resümee.

Die bonnorange AöR übernahm am 1. Januar 2013 als eigenständiges Kommunalunternehmen die Aufgaben des vormaligen Leistungszentrums Amt für Stadtreinigung und Abfallwirtschaft. Somit existiert die Anstalt des öffentlichen Rechts nun seit 10 Jahren. Ein weiteres rundes Jubiläum feiert sie dieses Jahr als Nachfolgerin des städtischen Fuhrparks der am 1. April 1903 an der Ellerstraße eröffnet wurde, und dann für die Kehrrichtabfuhr und die Straßenreinigung als Teil der städtischen Verwaltung zuständig wurde.