Kaugummi – süße Umweltsünde

Ob mit Whitening-Effekt, Fruchtgeschmack oder klassisches Pfefferminz: viele Leute kauen gerne Kaugummi. Leider ist der Kauspaß meist viel zu schnell wieder vorbei und die klebrige Masse muss entsorgt werden. Oft genug landen die ausgekauten Kaugummis dann auf der Straße und bleiben als klebrige Flecken auf dem Asphalt zurück, die mit der Zeit immer dunkler vor Dreck werden. 

Archäologische Funde bestätigen, dass schon in der Steinzeit bestimmte Baumharze gekaut wurden. Und die Maya nutzten bereits 2000 Jahre v. Chr. sogenanntes Chicle, einen gummiartigen Stoff aus dem Milchsaft des Breiapfelbaums. Im Jahr 1848 wurde dann das erste kommerzielle Kaugummi aus Fichtenharz und Bienenwachs in den USA produziert. Einige Jahre später wurden die ersten Kaugummis aus Kautschuk hergestellt und patentiert. Hierzulande gelangte das Kaugummi erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu größerer Bekanntheit, als die in Westdeutschland stationierten amerikanischen Soldaten das “bubble gum” mitbrachten. 

Die Geschichte zeigt: Kaugummis sind eine beliebte Nascherei. Das bestätigt auch eine deutsche Studie aus dem Jahr 2020. Hier gaben 51,27 % der Befragten an, regelmäßig Kaugummi zu kauen, davon 7,43 % sogar täglich. Grund genug, uns das Kaugummi genauer anzuschauen. Welche Stoffe sind enthalten, welcher Entsorgungsweg ist der beste und was sind die Alternativen?

Woraus besteht Kaugummi

Der erste Blick richtet sich auf die Verpackung: Auf der Zutatenliste konventioneller Kaugummis ist häufig der Begriff “Kaumasse” (oder “gum base”) zu finden. Die Zusammensetzung dieser Kaumasse ist leider nicht immer klar, denn Hersteller*innen sind nicht verpflichtet, die Zusammensetzung anzugeben. Üblicherweise besteht die Kaumasse konventioneller Kaugummis aber aus Kunststoffpolymeren (Polyvinylether und Polyisobutene). Diese enthaltenen synthetischen Kunststoffe werden aus Erdöl gewonnen – genau wie etwa Gummihandschuhe. Weitere Zusätze sind unter anderem Aromen, Farbstoffe, Zucker oder andere Süßungsmittel, Füllstoffe und Weichmacher, die das Kaugummi beim Kauen elastisch halten.

Um die Auswirkung dieser Stoffe auf den menschlichen Körper zu überprüfen, haben Forscher*innen in einer Studie des österreichischen Umweltbundesamtes und der Medizinischen Universität Wien aus dem Jahr 2011 die Auswirkungen von Schadstoffen im menschlichen Körper untersucht.

Die dabei entnommenen Harnproben der Proband*innen wurden beispielsweise auf Kunststoffweichmacher (Phthalat-Metaboliten) und Kunststoffbestandteile (Bisphenol A; auch aus Thermopapier bekannt) analysiert. Dabei fielen Korrelationen von der Konzentration im Harn und dem Kaugummikonsum der Proband*innen auf: Bei einem häufigeren Genuss fand sich eine erhöhte Belastung durch diese Stoffe, die in hohen Mengen gesundheitsschädlich sein können. 

Warum Kaugummi schlecht für die Umwelt ist

Damit geht es weiter zur Beantwortung der Frage, warum Kaugummi schlecht für die Umwelt ist. Denn dass diese Zutatenliste für den Körper nicht optimal ist, sollte klar sein. Doch neben den problematischen Inhaltsstoffen, die wir in den Mund nehmen und kauen, sollte uns auch das Drumherum bewusst sein: denn was bedeutet es zum Beispiel für die Umwelt, wenn Erdöl gefördert und damit Kunststoff produziert wird? Erdöl liegt - wie der Name schon sagt - tief in der Erde und muss entsprechend aufwendig gefördert werden. Für die Raffinerien müssen oft Umwelt, Tiere und auch Menschen weichen, damit das Erdöl abgebaut werden kann. Durch Unfälle wie Pipeline-Schäden kann das Erdöl in die Ökosysteme gelangen und diese verseuchen. Um an die für die Kunststoffproduktion wichtigen Grundstoffe, also Ethylen und Propylen, zu kommen, muss das Erdöl in einem chemischen Prozess “gecrackt” werden. Dabei werden Kohlenwasserstoffe längerer Kettenlänge in Kohlenwasserstoffe kürzerer Kettenlänge gespalten. Danach können die Stoffe veredelt und weiterverarbeitet werden - und zum Beispiel so in unserem Mund landen.

Durch den enthaltenen Kunststoff sind handelsübliche Kaugummis aber nicht biologisch abbaubar: Die Inhaltsstoffe und das Plastik verhindern das vollständige Verrotten des Kaugummis. Unter diesem Aspekt leidet auch das Stadtbild. Sind ausgespuckte Kaugummis einmal am Boden erhärtet, lassen sie sich nur noch schwierig entfernen. Die Entfernung durch professionelle Firmen verursacht Kosten, die auf die Allgemeinheit umgeschlagen werden. In Bonn häufen sich solche hässlichen Kaugummiflecken vorwiegend in Straßen in der Nähe von Gastronomie, die später aufwendig professionell gereinigt werden müssen. Unsere Ergebnisse aus der Qualitätsmessung haben ergeben, dass etwa ein Jahr nach unserer Reinigung von 10.000 Quadratmeter in den Fußgängerzonen Bonns durchschnittlich wieder ein Kaugummi pro Quadratmeter auf dem Asphalt klebt. Das bedeutet, dass nach der Kaugummireinigung innerhalb eines Jahres über 10.000 Kaugummis ausgespuckt wurden, die auch in einem der rund 4.000 Papierkörbe in Bonn hätten entsorgt werden können. 

Ein Problem ergibt sich dadurch auch für die Tierwelt: Vögel und Kleintiere können ausgespuckten Kaugummi für Futter halten und schlussendlich dadurch zu Tode kommen, dass die klebrige Masse ihre Mägen verstopft. Das alles macht Kaugummi zu einer umweltschädlichen Süßigkeit.

Dabei könnte die Entsorgung von Kaugummi einfacher nicht sein: unterwegs in ein Stück Papier (zum Beispiel direkt ins Kaugummipapier) einwickeln und in einem der vielen öffentlichen Papierkörbe in Bonn oder in der heimischen Restabfalltonne entsorgen. Übrigens: verschluckter Kaugummi ist entgegen dem gängigen Mythos beim Menschen unschädlich und wird unverdaut wieder ausgeschieden – ein klares Zeichen dafür, dass die Verwertung ein schwieriges Unterfangen ist.

Was sind Kaugummi-Alternativen

Wer nicht aufs Kaugummikauen, aber auf den Kunststoff verzichten möchte, kann mittlerweile auf ökologisch vertretbarere Varianten zurückgreifen. In deutschen Supermärkten und Drogerien gibt es inzwischen eine (noch kleine) Auswahl an Kaugummi-Alternativen, die auf Plastikzusätze verzichten und teilweise sogar bio-zertifiziert sind. Einige produzierende Firmen besinnen sich dafür auf eine der ursprünglichsten Formen des Kaugummis, das Chicle. Teilweise werden sie dafür mit Zucker oder Xylit gesüßt. Gemeinsam haben sie die Eigenschaft, biologisch abbaubar und somit besser für die Umwelt zu sein. Das bringt allerdings auch einen höheren Preis mit sich. Die bekanntesten plastikfreien Kaugummis im freien Handel sind zurzeit die Marken “True Gum” und “Forest Gum”, doch auch andere Anbieter*innen erobern langsam den Markt. Deshalb heißt es: Augen offenhalten! Außerdem sollte beim Kauf darauf geachtet werden, dass auch bei der Verpackung auf Kunststoff verzichtet wurde. Denn der schönste Erdöl-freie Kaugummi nützt nichts, wenn er in einer Plastikverpackung daherkommt.