Fast Furniture – ein ungesunder Trend für unseren Planeten

Ständig neu, immer günstig: Die Entwicklung zur billigen Massenware hat neben der Modebranche auch vor der Möbelindustrie nicht Halt gemacht. Ein Trend, der allerdings schwerwiegende Folgen für unsere Umwelt hat.

Wertschätzung ist ein Begriff, mit dem vor allem frühere Generationen etwas anfangen können, die langlebige Möbel angeschafft und später noch an Kinder und Enkel weitervererbt haben. Auf diese Möbel wurde Wert gelegt, gerade weil sie meist einen hohen Preis hatten. Es wurden haltbare Materialien verwendet, oft kam aufwendige Handarbeit zum Einsatz und wenn etwas kaputtging, dann stand außer Frage, dass repariert wird.

Mittlerweile zeichnet sich am Möbelmarkt ein anderes Bild. Die heutige Zeit ist geprägt von unterschiedlichen Lebensstilen, häufigen Umzügen für den Job und dem Drang, sich immer wieder neu zu erfinden – auch was die Einrichtung betrifft. Dazu kommt oft der Wunsch, noch voll funktionstüchtige Einrichtungsgegenstände durch ein neueres Modell auszutauschen. Dieses Phänomen ist unter „perceived obsolescence“ (sinngemäß „vermeintliches Altern“) bekannt. Wie bei Mode-Trends oder Unterhaltungselektronik wird durch Werbung der Eindruck erweckt, dass nur das neueste, weiterentwickelte auch das Beste ist. Wer hier nicht mitmacht, verliert an Status – so zumindest der soziale Druck, der durch geschicktes Marketing aufgebaut wird. Laut der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Statistischen Bundesamtes vom 10. März 2021 (PDF) sind die Konsumausgaben der privaten Haushalte für Möbel, Innenausstattung, Teppiche und ähnlichem von 2015 bis 2020 um fast 6 Milliarden Euro gestiegen. Dabei kann sich der Onlinehandel – insbesondere durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie – über deutliche Zuwächse freuen. Längst nicht alle Möbel werden dafür in Deutschland produziert: die wichtigsten Bezugsländer für Möbelimporte sind Polen, China und Tschechien.

Bei unschlagbar günstigen Preisen und einem hohen Wettbewerb im Handel hat der Möbelkonsum mittlerweile ähnliche Ausmaße angenommen wie die Textilindustrie. Und wie bei Fast Fashion steht Fast Furniture vor ähnlichen Problemen, denn für die Schnäppchen zahlt immer dieselbe einen hohen Preis: unsere Umwelt.

Fast Furniture = Fast Waste

Die kostengünstigere Produktion aus Spanplatten oder ähnlichem macht Möbel weniger langlebig. Auch Reparaturen lassen sich meist nicht durchführen. Das bedeutet im schlimmsten Fall, dass die Möbel alle paar Jahre beim Sperrmüll landen. Auch sich ständig wechselnde Einrichtungstrends fördern diese Wegwerfkultur. So entsteht jährlich ein riesiger Berg an Einrichtungsgegenständen, der eigentlich vermeidbar wäre. Im Jahr 2020 sind in Bonn insgesamt rund 13.700 Tonnen Sperrmüll angefallen, von denen rund 10.300 Tonnen über die Straßensammlung eingesammelt wurden. 2019 waren es rund 12.700 Tonnen (ca. 9.060 Tonnen über die Straßensammlung). 2020 hat jede*r Bonner*in also 41 Kilo Sperrmüll entsorgt, etwa drei Kilo mehr als im Vorjahr. Darüber hinaus sind Möbelstücke, die zum Beispiel aus laminierten oder furnierten Spanplatten bestehen, schwerer zu recyceln. Auch Lacke, Kleber oder andere Schadstoffe können das Recycling zusätzlich erschweren.

Liebe auf den 2. Blick

Abfallvermeidung ist Ressourcenschonung. Indem die Nutzungszeit verlängert wird, kann ein wichtiger Beitrag zum Klima- und Umweltschutz geleistet werden. Das Ziel: ReUse - also durch Weitergabe, Aufbereitung, Reparatur und Upcycling Abfall gar nicht erst entstehen lassen! Eine Möglichkeit ist zum Beispiel unser Tausch- und Verschenkmarkt. Hier können Angebote und Gesuche für noch brauchbare Dinge, die getauscht oder verschenkt werden sollen, bequem online inseriert und lokal weitergereicht werden. Auch Plattformen im Internet und Gruppen in den Sozialen Netzwerken tragen einen wichtigen Teil zur Wiederverwendung bei. Wer seiner Einrichtung allmählich überdrüssig ist, muss sich nicht gleich komplett neu einrichten. Upcycling heißt der Trend, der aus alten Möbelstücken neue Schmuckstücke macht. Meist reicht dafür schon ein bisschen frische Farbe, um zum Beispiel eine alte Kommode aufzupeppen. Von Anfänger bis Profibastler gibt es viele Möglichkeiten, um sich kreativ auszuleben. Für wen Selbermachen keine Alternative ist, sollte prüfen, ob nicht auch gebrauchte Möbel in Frage kommen. Denn die Herstellung von Möbeln geht unweigerlich mit Ressourcenverbräuchen einher. Auf Flohmärkten, in Second-Hand-Kaufhäusern oder den örtlichen Kleinanzeigen kann sogar der ein oder andere Schatz dabei sein.