Geschichte der Biotonne in Bonn

Die Biotonne ist heute ein wichtiger Bestandteil der Abfallentsorgung in der Bundesstadt Bonn. Sie ermöglicht die getrennte Sammlung von organischen Abfällen, die in der Tunnelkompostieranlage der RSAG zu hochwertigem Kompost werden. Bereits seit Anfang der 1990er-Jahre Erfahrungen sammeln wir in Bonn Erfahrungen mit der Sammlung von Bioabfallbehältern. Grund für die Einführung der Biotonne war zum damaligen Zeitpunkt vor allem das Ziel, dass weniger organische Abfälle auf Deponien gebracht werden sollten. Seitdem ist die Biotonne in Bonn freiwillig und kann kostenlos bei bonnorange bestellt werden.

In den 90ern kommt alles in Bewegung

Im Jahr 1990, wurden Pläne der Bonner Stadtverwaltung laut, eine zusätzliche Tonne für die Sammlung von pflanzlichen Abfällen einzuführen. Die Biotonne sollte ab November des Jahres in einem Pilotprojekt getestet werden und der Anschluss an das Entsorgungssystem auf freiwilliger Basis erfolgen. Damals forderte die CDU die probeweise Einführung der Biotonne und begründete ihren Vorschlag mit dem Wert pflanzlicher Abfälle als Rohstoff. Andere Städte hatten zu dem Zeitpunkt bereits Erfahrungen damit gemacht, trotzdem taten sich die Mitglieder des Bonner Umweltausschusses schwer, den angeregten Versuch zu beschließen. Offen war für viele Mitglieder zum Beispiel, was denn eigentlich genau unter den Begriff „Biomüll“ fallen sollte. Diskutiert wurde auch die Einführung eines Markensystems für die Biotonne: Die Bonner Bürger*innen sollten dafür zu Jahresanfang sogenannte „Müllmarken“ bei der Stadtverwaltung kaufen und sie zur Leerung der Mülltonnen an den Tonnen anbringen. Tonnen ohne Marken (zum Beispiel wenn noch nicht komplett gefüllt), sollten dann nicht geleert werden. Dieses Markensystem war als Anreiz zur richtigen Trennung gedacht - eingeführt oder erprobt wurde dieses System jedoch nie.

Mitte September 1991 wurde die Verwaltung schließlich damit beauftragt, die „gesonderte Entsorgung von Bioabfällen in den Wohngebieten Hoholz/Holtorf und Brüser Berg auf Dauer fortzusetzen“. So steht es in der Niederschrift zur Sitzung des Ausschusses für Umweltschutz und Gesundheitswesen vom 18.09.1991 (Seite 46-49). Außerdem sollte die Sammlung von Bioabfällen in den Stadtbezirken Beuel und Hardtberg durch Fachunternehmen großflächig eingeführt werden. Begründet wurde das Vorhaben mit der überwiegend positiven Resonanz der bis dato teilnehmenden Haushalte. Obendrein schienen die erfassten Bioabfälle von guter Qualität und Fehlwürfe äußerst selten. Nur in einigen Fällen wurde beobachtet, dass bei größeren Wohnobjekten Haus- oder sogar Sperrmüll in die grünen Großbehälter eingefüllt wurde. Der Anschluss der Biotonne sollte zunächst in den Stadtbezirken erfolgen, in denen auch die Testgebiete lagen. Denn 1992 war auch das Jahr, in welchem die Dualen Systeme, also die Gelbe Tonne bzw. der Gelbe Sack, Einzug ins Bonner Tonnen-Ensemble nahmen. Um die Verwirrung unter den Bewohner*innen über eine weitere Farbe vor der Haustür also zu reduzieren, sollte die Biotonne in den Stadtbezirken Bonn und Bad Godesberg erst in den Jahren 1993 bzw. 1994 aufgestellt werden.

Für Fragen rund um die Biotonne wurde damals ein täglich erreichbares „Bio-Sondertelefon“ eingerichtet. Das war wichtig, denn es kursierte die Meldung vom Bundesgesundheitsamt (BGA), dass abwehrgeschwächten Menschen eine Gesundheitsgefährdung durch die Biotonne drohe. Diese Warnung zog das Amt aber wieder zurück: Bei Einhaltung gängiger Hygienegepflogenheiten bestehe für gesunde Bürger*innen ohne beeinträchtigtes Immunsystem beim Umgang mit der Mülltonne und bei der Kompostierung keine Gefährdung. Abfallbewusste Bonner*innen konnten sich zudem über positive Nachrichten freuen: anders als ursprünglich angekündigt, sollte jede*r Grundstückseigentümer*in die Biotonne bestellen können. Die Stadtverwaltung nahm damit ihre eigenen Pläne zurück, die Grüne Tonne Hochhausbewohner*innen und den Menschen in Innenstadt-Bereichen vorzuenthalten. Hätte die Stadt nämlich die Biotonne, wie zunächst beabsichtigt, nur ausgesuchten Hausbesitzer*innen angeboten, hätte sie dafür von diesen eine gesonderte Gebühr erheben müssen. Das wiederum, so die Befürchtung, hätte sich negativ auf die Anschlussquote auswirken können. Damals rechnete man übrigens nach flächendeckender Einführung der Grünen Tonne, also 1995, mit einer Gesamtmenge von rund 15.000 Tonnen Bioabfall pro Jahr.

Die Geburtsstunde der bonnorange AöR liegt im Jahr 2013, indem wir seit dem 1. Januar als hundertprozentige Tochter der Stadt Bonn Restabfall, Altpapier und auch den Bioabfall von den Bonner Bürger*innen sammeln. Seit dieser Zeit gibt es zwei Wertstoffhöfe, Grünschnitt und Bioabfälle annehmen, kostenlose mobile Grüncontainer von März bis November sowie eine kostenfreie Kompostberatung und zwei qualifizierte Grünannahmestellen (GAS) in Ückesdorf und Mehlem.

Quo vadis, Biotonne?

Und wie geht es in Zukunft weiter? Waren es im Jahr 1991 noch 303 Tonnen Bioabfälle, wurden 1996 bereits 11.621 Tonnen in der Bioabfallsammlung gezählt. Über die Jahre ergibt sich daraus eine kontinuierliche Steigerung bei der Sammlung von Biogut bis heute. Die bereits erwähnten 15.000 Tonnen Bioabfall pro Jahr wurden erstmals 2004 erreicht. Von da an liegen bis 2021 auch Vergleichszahlen aus Nordrhein-Westfalen vor. Im ganzen Bundesland wurden zwischen 14 und 23 Kilogramm mehr Bioabfall pro Einwohner*in gesammelt. Das ist wichtig, denn Bioabfall spielt eine bedeutende Rolle für den Ressourcen- und Klimaschutz. Dabei ist die richtige Verwertung ausschlaggebend, denn nur sauber getrenntes Biogut kann zu hochwertigem Kompost verarbeitet werden, der in der Landwirtschaft und im Gartenbau Anwendung findet.

Ein erster, öffentlicher Schritt für mehr Aufmerksamkeit für die Grüne Tonne ist der Tag der Biotonne, der erstmalig 2023 stattgefunden hat. Zwar liegt in der Stadt Bonn der Anschlussgrad an die kostenlose Biotonne mit circa 75 Prozent in einem relativ hohen Bereich, trotzdem wird mit rund 42 Prozent leider immer noch ein hoher Anteil kompostierbarer Abfälle über den Hausmüll entsorgt. Deshalb muss die Akzeptanz für die Biotonne gesteigert werden. Dieser Plan ist fester Bestandteil des kürzlich veröffentlichten Abfallwirtschaftskonzepts für die Bundesstadt Bonn. Eine Maßnahme ist das Pilotprojekt in den Stadtteilen Duisdorf, Tannenbusch, Heiderhof und Muffendorf, bei dem ausgewählte Haushalte über zwei Jahre Biotonnen mit Biofilterdeckeln testen.

Ein großes Problem sind Plastiktüten, die immer wieder fälschlicherweise in der Biotonne entsorgt werden. Obwohl sogenannte biologisch abbaubare Plastiktüten oder auch Beutel aus biobasierten Kunststoffen als umweltfreundliche Alternative angepriesen werden, haben sie im Bioabfall nichts zu suchen, denn sie sind Störstoffe in den Kompostieranlagen und können dort nicht recycelt werden. Deshalb bietet bonnorange zusammen mit der RSAG AöR eine kompostierbare Biotüte aus 100 Prozent Altpapier über den Handel zum Kauf an. Die Tüten bestehen aus nassfestem Papier mit doppeltem Boden und zwei flachen Henkeln, die durch ein Deckblatt verstärkt werden. So wird auch der Transport des Bioabfalls zum Beispiel aus Etagenwohnungen zur Grünen Tonne erleichtert. Die Biotüte kann vollständig in den Anlagen der RSAG AöR, wo der Bonner Bioabfall verwertet wird, kompostiert werden.

Als 2020 in Bonn eine Restabfallsortieranalyse durchgeführt wurde, hat jede*r Bonner*in durchschnittlich etwa 162 Kilogramm Hausmüll verursacht. 69 Kilogramm davon waren organische Abfälle, die über die Biotonne hätten entsorgt werden können. Damals wurden 49 Kilogramm pro Einwohner*in über die Biotonne der Verwertung zugeführt. Für ganz Bonn bedeutet das, dass 23.032 Tonnen organische Abfälle aus den Bonner Privathaushalten thermisch verwertet wurden, obwohl sie kompostiert werden könnten. Dabei wird bei der Verbrennung das im Bioabfall gebundene CO₂ freigesetzt. Bei der Verwertung in der Kompostierungsanlage entsteht ein sogenannter Sekundärrohstoff – der Kompost. Wird er in der Landwirtschaft verwendet, muss kein künstlicher Dünger hergestellt werden, dessen Produktion wiederum die Umwelt belastet.

Das Umweltbundesamt hat 2020 eine vergleichende Analyse von Siedlungsrestabfällen in Deutschland veröffentlicht, woraus hervorgeht, dass bundesweit durchschnittlich 39,3 Prozent des Hausmülls nativ-organische Abfälle sind (in Bonn sind es 42,6 Prozent). Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall hat daraufhin im Auftrag der Umweltministerkonferenz einen Bericht über die Getrenntsammlung von Bioabfällen (PDF) angefertigt, da es die Umweltministerkonferenz für notwendig ansieht, die Mengen der derzeit noch im Restmüll befindlichen Bioabfälle bundesdurchschnittlich bis zum Jahr 2025 mindestens um ein Drittel zu reduzieren und bis 2030 mindestens zu halbieren. Das entspräche 2025 einem Anteil von maximal 30,2 Prozent. Das bedeutet bei einer Fortschreibung der Abfallmengen unter Berücksichtigung der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung Bonns, dass von 156 Kilogramm Hausmüll je Bonner*in nur noch 47 Kilogramm Organik sein dürften und somit 22 Kilogramm entweder vermieden oder höherwertig recycelt werden müssten.

Das Abfallwirtschaftskonzept für die Bundesstadt Bonn prognostiziert in dem ambitioniertesten von mehreren Szenarien über die Mengenentwicklung der zur Entsorgung anfallenden Abfälle, dass die gesammelten Bioabfälle bis 2030 auf 23.301 Tonnen gesteigert werden könnte. Das entspräche unter Berücksichtigung des prognostizierten Bevölkerungswachstums (von 333.794 in 2020 auf 354.042) rund 66 Kilogramm Bioabfall pro Bonner*in bei gleichzeitigem Rückgang der Hausmüllmenge auf 118 Kilogramm pro Person. Davon ist Bonn noch weit entfernt, dabei ist die Biotonne in Bonn kostenlos. Bestellen können sie Eigentümer*innen bzw. die Hausverwaltungen. Wer selber keinen Zugang zu einer Biotonne hat, kann auch die an den Wertstoffhöfen und den qualifizierten Grünannahmestellen aufgestellten Bioabfall-Behälter kostenlos nutzen. Wichtig ist aber auch darauf zu achten, dass Abfälle gar nicht erst entstehen. Zurzeit sind 7,2 Gewichtsprozent des Restabfalls verpackte Lebensmittel. Das sind unter anderem solche, die das Haltbarkeitsdatum überschritten haben und deshalb in der Verpackung entsorgt werden. Von ihrer Verpackung befreit, hätten diese über die Biotonne verwertet werden können. Deutlich besser wäre es natürlich, wenn diese Lebensmittel gar nicht erst weggeworfen würden, denn nicht alle Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, gehören in den Müll. Um diese Abfälle zu vermeiden, gibt es auch digitale Möglichkeiten für eine Welt mit Zero (Food-)Waste.