Ein Tag beim Winterdienst

Winter, wann kommst du geschneit?

Im Winter macht man es sich gern gemütlich, doch für uns geht es schon in den Morgenstunden los. Die Kälte der klaren Januarluft ist klirrend, denn im Winterdienst beginnt der Tag früh und es geht mit Kontrollfahrten sowie Präventiv- und Sicherungstouren bereits ab 3 Uhr raus auf die Bonner Straßen. Nur an Sonn- und Feiertagen sind wir etwas später, ab 6 Uhr morgens, unterwegs. Während der Wintermonate wird der Wetterbericht täglich im Blick behalten, zudem erhalten wir zwei Mal am Tag Wetterdaten von einem lokalen Wetterdienst. Durch die bevorzugte Lage am Rhein ist Bonn mit milden Wintern gesegnet und die Klimaerwärmung tut ihr Übriges, sodass es schon länger keine heftigen Schneefälle mehr gab. Doch der Klimawandel stellt uns auch vor die Herausforderung, umso mehr auf Extremwetterlagen vorbereitet zu sein. Aber auch in milden Wintern liegen die Temperaturen in der Nacht oft um den Gefrierpunkt und wir müssen schnell reagieren, wenn Glätte durch Schnee oder Eis vorhergesagt ist. Dafür entscheiden unsere Betriebsstättenleiter täglich über den Winterdienst und legen die durchzuführenden Maßnahmen für den Folgetag fest.

Die Vorbereitung für die Winterzeit beginnt allerdings schon viel früher. Bereits im Spätsommer jeden Jahres werden die Salzvorräte, mit denen in unseren hauseigenen Anlagen Sole hergestellt wird, geprüft und bei Bedarf aufgefüllt, um für einen spontanen Wintereinbruch abgesichert zu sein. Insgesamt stehen drei Silos mit je 220 Tonnen Fassungsvermögen bei unserer Zentrale am Lievelingsweg in Bonn, ein weiteres an unserem Standort in Bad Godesberg an der Weststraße und ein Silo mit 110 Tonnen Kapazität in Hardtberg zur Verfügung. Bis zu 22 unserer eigenen Fahrzeuge können für den Winterdienst mit Schneepflug und Streugeräten aufgerüstet und eingesetzt werden. Vor der Wintersaison werden sie natürlich von unserer Werkstatt durchgecheckt, damit alles reibungslos funktioniert. So werden dann zum Beispiel Kehrmaschinen, die bei Frost nicht zur Straßenreinigung eingesetzt werden können, da diese gegen die Staubentwicklung mit Wasser arbeiten und das auf der Straße gefrieren würde, mit einer Streuvorrichtung ausgestattet und leisten unter anderem Winterdienst auf Radwegen.

Ist der Winter schließlich bei uns angekommen, fahren rund 160 Kolleg*innen, die sonst die Straßenreinigung durchführen, in den speziell ausgerüsteten Räum- und Streufahrzeugen Sondereinsätze für den Winterdienst. Und wo wir mit unseren Fahrzeugen nicht hinkommen, wird von Hand geräumt und gestreut. Dabei arbeiten wir je nach Wetterlage im Drei-Schicht-Betrieb, um die Tage vollständig abdecken zu können.

Verkehrswichtige Straßen haben Priorität

Wenn Schnee und Eis auf den Straßen für Glätte sorgen, ist schnelles und effektives Handeln gefragt, damit der Verkehr nicht komplett zusammenbricht und alle Bonner Bürger*innen sicher ans Ziel kommen. Da wir nicht überall gleichzeitig die Winterwartung leisten können, arbeitet unser Winterdienst in drei Prioritätsstufen und konzentriert sich insbesondere auf Streckenabschnitte, die verkehrswichtig und gefährlich sind.

Prioritätsstufe 1
  • Gefährliche Stellen verkehrswichtiger Straßen (Pflichtwinterdienst)
  • unmittelbare Krankenhauszufahrten
  • Steigungsstrecken des öffentlichen Personennahverkehrs
  • Ortsdurchfahrten klassifizierter Straßen
Prioritätsstufe 2
  • Ebene ÖPNV-Strecken
  • Sonstige Steigungsstrecken, die keiner anderen Dringlichkeitsstufe zugeordnet sind
  • Überwiegend dem innerörtlichen Verkehr dienende Straßen
Prioritätsstufe 3
  • Untergeordnetes Straßennetz

Die Prioritätsstufe 1 umfasst rund 261 Streukilometer von verkehrswichtigen Straßen mit gefährlichen Stellen. Innerhalb einer Umlaufzeit von zwei bis vier Stunden können diese Straßen freigeräumt und mit Streumittel wie Sole präpariert werden, sodass der Verkehr nicht behindert wird. In der Prioritätsstufe 2 sind es 309 und in der Prioritätsstufe 3 645 Streukilometer, die wir im Winterdienst betreuen. Nicht gewidmete Straßen wie Wirtschaftswege, Feldwege, Privatstraßen, Straßen in der Zuständigkeit eines anderen Straßenbaulastträgers oder Autobahnen werden nicht von uns geräumt. Übrigens ist der Winterdienst nicht gebührenpflichtig, sondern wird von der Bundesstadt Bonn bezahlt.

Auch verkehrswichtige innerstädtische Radwege sind in Prioritätsstufen unterteilt. Ebenfalls innerhalb von 2 bis 4 Stunden können, je nach Wetterlage, etwa 80 km Radweg geräumt und gestreut werden. Bei instabilen Witterungsverhältnissen sollte jedoch zur Sicherheit auf den ÖPNV umgestiegen werden. Wir bereiten Radwege und kleine Straßen auf unseren Einsatz vor, indem wir vorsorglich einige Begrenzungspoller auf den Hauptverkehrsrouten des Radwegenetzes entfernen. Wenn Poller festfrieren, können sie nicht mehr entfernt werden und behindern unsere kleinen Streufahrzeuge beim Winterdiensteinsatz. Im Zweifelsfall bleiben die Poller den gesamten Winter über entfernt. Wenn die Benutzung des Radweges unzumutbar erschwert ist, besteht übrigens keine Benutzungspflicht. Zum Beispiel dann, wenn der Radweg blockiert oder durch Schnee und Eis nicht benutzbar ist. In diesem Fall dürfen Radfahrer auf die Straße ausweichen.

Auch Bürger*innen haben Pflichten

Ganz ohne die Bonner Bürger*innen geht es auch im Winterdienst nicht. Ähnlich wie bei den Reinigungspflichten gibt es auch Pflichten für die Winterzeit, die von den Anlieger*innen erledigt werden müssen. In Mietshäusern wird der Winterdienst in der Regel auf die Mieter*innen oder einen Hausmeisterdienst übertragen. Auskünfte darüber gibt im Zweifel der Mietvertrag oder ein kurzer Anruf bei Vermieter*in oder der Hausverwaltung. Wer den Winterdienst wegen Urlaub oder Krankheit nicht ausüben kann, sollte sich frühzeitig um eine*n Vertreter*in kümmern.

Die Winterdienstpflicht der Bürger*innen besteht in der Zeit von 7 Uhr (Sonn- und feiertags 9 Uhr) bis 20 Uhr (bis 20:30 Uhr in Geschäftsstraßen mit verlängerter Verkaufszeit). Während dieser Zeiten gilt: Schneeschaufel in die Hand und gefallenen Schnee und entstandene Glätte unverzüglich beseitigen. Natürlich muss aber niemand mitten in der Nacht aufstehen, um vor der Tür Schnee zu schippen. In der Nacht gefallener Schnee und entstandene Glätte müssen bis 7 Uhr des folgenden Morgens beseitigt werden. Die Räumpflicht beginnt außerdem nach Beendigung des Schneefalls. Schneit es also bis zum Mittag, sind die Bürger*innen erst dann verpflichtet, den Schnee zu räumen.

In Bonn sind die Grundstückseigentümer*innen laut Satzung für den Winterdienst auf den Gehwegen zuständig. Grenzen diese an das Grundstück, müssen sie auf einer Breite von 1,50 Metern (bei Gehbahnen ab begehbarem Straßenrand) und bei schmaleren Wegen über die gesamte Breite geräumt bzw. bestreut werden, damit sie sicher passierbar sind. Dies gilt übrigens in der Regel auch, wenn das Grundstück durch Anlagen wie Gräben, Böschungen, Grünanlagen, Straßenbegleitgrün, Mauern oder in ähnlicher Weise von der öffentlichen Fläche getrennt ist, im Einmündungsbereich von Straßen und an Fußgängerüberwegen fortsetzend bis zur Bordsteinkante. In Fußgängerzonen zählen die Flächen direkt vor den Gebäuden ebenfalls zu den Gehwegen. Genauso die gemeinsamen Fuß- und Radwege und der den Fußgängern vorbehaltene Teil der getrennten Rad- und Gehwege sowie Gehbahnen und Straßenteile, deren Benutzung durch Fußgänger zum Beispiel in verkehrsberuhigten Bereichen vorgesehen oder geboten ist.

Wer vor der eigenen Haustür zum Winterdienst verpflichtet ist, sollte den Schnee auf den Teil des Gehweges, der an die Fahrbahn grenzt, räumen. Sollte das nicht möglich sein, bleibt das eigene Grundstück und nur notfalls der Fahrbahnrand für die Schneereste. Den Schnee in den Rinnstein oder gar auf die Fahrbahn zu schieben sollte vermieden werden, damit der Fahr- und Fußgängerverkehr so wenig wie möglich belastet wird. Außerdem kann es passieren, dass unsere Räumfahrzeuge später den mühsam geschippten Schnee zurück auf die Gehwege schieben. Damit das Schmelzwasser ablaufen kann, müssen die Einläufe für die Straßenentwässerung und Hydranten freigehalten werden. Ein großes Problem sind obendrein falsch geparkte Autos, die unsere breiten Winterdienstfahrzeuge behindern. Das kostet uns während unserer Einsätze wertvolle Zeit, die anderswo gebraucht wird.

Ein wichtiges Thema ist zudem der Winterdienst an Haltestellen. An Haltestellen für öffentliche Verkehrsmittel oder für Schulbusse, die sich auf Gehwegen befinden, müssen die Grundstückseigentümer*innen sie so von Schnee freihalten und bei Glätte bestreuen, dass ein gefahrloses Ein- und Aussteigen sowie ein gefahrloser Zu- und Abgang zu den Haltestelleneinrichtungen gewährleistet ist.

Salz oder nicht, das ist hier die Frage!

Die Verwendung von Salz oder sonstigen auftauenden Stoffen ist in Bonn grundsätzlich verboten und ist nur in Extremsituationen wie spiegelblanken Wegen nach einem Eisregen gestattet. Denn Auftausalz gelangt ins Grundwasser und schädigt zum Beispiel Wasserlebewesen oder Straßenbäumen. Bei Hunden kann das Salz Entzündungen an den Pfoten verursachen. Auch Betonbauten wie Brückenpfeiler werden durch das Salz angegriffen. Um möglichst wenig Salz zu verbrauchen, nutzen wir deshalb beim Winterdienst auf der Fahrbahn eine computergesteuerte Streutechnik sowie Sole, die sich gleichmäßig verteilt und schon bei kleiner Menge eine große Tauwirkung erzielt. Die 27%ige Sole können wir über unsere Anlagen direkt in die Einsatzfahrzeuge pumpen. Sole haftet außerdem besser auf der Fahrbahn und kann nicht vom Wind oder Autos weggeweht werden. Obendrein muss sich Sole im Gegensatz zu Salz nicht erst auflösen, um zu wirken. So sind die Straßen sicher befahrbar und wir tragen dem Umweltschutz Rechnung.

Anlieger*innen können in den Wintermonaten Splitt, Sand oder sonstige Mineralien (sogenannte abstumpfende Mittel) streuen. Neben der geringen Umweltbelastung gegenüber Salz haben diese den großen Vorteil, dass sie, soweit nicht zu stark verschmutzt, immer wieder verwendet werden können. Ebenso können sie in kleinen Mengen ganz einfach über die Restabfalltonne entsorgt und in größeren Mengen gegen Gebühr am Wertstoffhof abgegeben werden. Wenn Sie sich zudem für Tipps und Tricks für die Benutzung der Biotonne im Winter interessieren, dann finden Sie diese in unserem Beitrag "Fünf Tipps - so klappt's mit der Biotonne".

aktualisiert am 1. Januar 2024